Montag, 30. Juni 2008

Der Auftrag

Down Syndrom, Maximilian, Mexiko, Taufe, Aussergewoehnlich, Vaeterglueck, Conny Wenk, Der Auftrag
photo by Roland Hardt


DER AUFTRAG © by cabronsito

(Mitschnitt geheimen Funkverkehrs unbekannter Herkunft)

Stimme 1: Boss!
Agent Triple 21 ist jetzt dort unten im Zielgebiet gelandet. Die haben ihm gerade seinen Namen verpasst. Es ist erstaunlich, in den Klamotten sieht er ja fast aus wie immer!
Oh, er schaut gerade hoch zu uns. Sie wissen schon, das Signal, wenn er Hilfe braucht.

Stimme 2: Viele Leute drum herum?

S1: Mal sehen ... die Eltern, Pate I, Pate II, der Pfarrer ...

S2: Ok, macht nichts, stellen Sie die Verbindung her! ...
(geheimnisvolles Knistern)
Aehemm ...
Triple 21?
War es sehr schlimm?

S3: Ueberhaupt nicht, Boss. Sie haben eine gute Wahl getroffen. Nur die Mutter war etwas geschockt.

S2: Selbstverstaendlich, das gehoert dazu.
Nun, was kann ich fuer Sie tun, 21?

S3: Naja, es war doch alles etwas hektisch am Ende vor meiner Abreise. Koennen Sie mir noch einmal den groben Einsatzplan erlaeutern?

S2: Mein Gott! - huch, das waere ja ...aber lassen wir das. Sagen Sie, soll ich Ihnen das alles etwa noch einmal vorkauen?

S3: Mein himmlischer Dank wuerde Ihnen zuteil werden, Boss.

S2: Also gut, wenn Sie mir so kommen, habe ich ja wohl kaum eine Wahl.
Einen Moment, ich lasse mir gerade die Akte bringen.... so, da haben wir´s.
Jetzt hoeren Sie aber bitte gut zu.

Unser uebergeordnetes Ziel: Das Morgen darf nie sterben! Und die da unten sind schon seit geraumer Zeit dabei, es schoen langsam sterben zu lassen. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, die Welt waere ihnen nicht mehr genug.

Ihre sichtbare Tarnung, 21: Etwas schraeg stehende Augen, eine flache Nase, eine etwas herausstehende Zunge. Und denken Sie daran: Immer schoen langsam mit Ihrem Wachstum und dem Lernen! Wir wollen doch nicht auffallen! Dabei konnte ich Ihnen uebrigens ein wenig behilflich sein. Auf dem Schoepfungsmarkt war das Bremspedal fuer Wachstum und Lernen inklusive, wenn man einen fuer Sie passenden Bausatz erwarb.

Was uns zu Ihrer unsichtbaren Tarnung bringt: Na, daran musste ich trotz allem noch ganz schoen basteln, damit Dr. No keinen Verdacht schoepft. Letztendlich ist es zwar nur ein winziger Baustein, von dem ich Ihnen einen zuviel verpasst habe, aber glauben Sie mir, dieser Chromosomenkram ist ganz schoen kompliziert. Selbst fuer mich. Aber ich weiss gar nicht, warum ich Ihnen das alles vorbete, denn eigentlich haben Sie ja gar nichts damit zu tun.

Kommen wir also zu den Zielobjekten - fuenf an der Zahl - die Sie ausfindig machen muessen. Sie heissen:
Vorurteil,
Ablehnung,
unangebrachtes Mitleid,
Hass und
Diskriminierung.

Ich glaube kaum, dass Sie damit Schwierigkeiten haben werden, denn die werden von ganz allein auf SIE zukommen.

S3: Und was soll ich mit denen tun, Boss?

S2: Eliminieren, mein Terminator, eliminieren! Leben und sterben lassen ist die Devise. Sie haben die Lizenz dazu.

S3: Wie steht´s mit der Bewaffnung?

S2: Die schweren Geschuetze, 21. Liebe, Froehlichkeit, Nachsicht, Lachen. Keine Sorge, das sind bei Ihnen natuerliche Waffen, die wurden sozusagen automatisch mit eingebaut. Munition unerschoepflich. Haben Sie das? Sie sind der Spion, der nicht nur MICH liebte. Und selbst im Angesicht oder beim Einatmen des Hauchs des Todes - geben Sie nie auf! Sterben koennen Sie an einem anderen Tag. Allerdings muss ich zugeben, dass auch Sie nur zweimal leben.

S3: Okay, verstanden. Und die Auftragsdauer?

S2: Bis ich Sie abberufe selbstverstaendlich. Mensch, Sie koennen wirklich dusselige Fragen stellen!

S3: Sie haben ja recht, Boss. Aber unter uns gesagt wuerde ich nicht gern bis in alle Ewigkeit hierbleiben.
Kann ich wenigstens auf ein paar Kontaktpersonen vor Ort zurueckgreifen?

S2: Ja, aber bitte nur im aeussersten Notfall, 21!
Da dies keine sichere Frequenz ist, kann ich Ihnen nichts weiter als die Codenamen nennen, bei deren Wahl uebrigens ein Genie am Werk gewesen sein muss. So abgenutzt und doch so aktuell. Und an Unauffaelligkeit kaum zu ueberbieten wegen der haeufigen Verwendung dort unten. Das riecht ja geradezu nach goettlicher Eingebung.
Naja, wie auch immer.
Lassen Sie mich nachsehen ...
Ahh, hier steht´s.
In Ihrem Sektor operiert gerade die Einheit "Meine vergessenen Kinder". Sie koennen sich mit den Agenten Brillenschlange, Rolli oder Blindfisch in Verbindung setzen, wenn es unvermeidlich ist.
Kontaktaufnahme bitte unter Ihrem eigenen Codenamen. Der lautet uebrigens Downy, falls Sie auch das vergessen haben sollten.

S3: Also Boss, ich bin doch nicht...!!
Aber sagen Sie mal, wie viele Leute haben wir eigentlich hier unten?

S2: Hmmm ... gut ein Fuenftel der Gesamtbevoelkerung, denke ich.

S3: Heiliger Bimbam!! Und da soll es nicht moeglich sein, dass ...

S2: Seien Sie still, 21! Die ganze Sache hat sich leider fast zur Mission impossible entwickelt. Damit habe selbst ich nicht gerechnet. Also spielt die Quantitaet eine wichtige Rolle.

S3: Verstehe, Boss ...

S2: Gut! Dann machen Sie sich an die Arbeit, 21! ...
Ach, Moment, eine Sache noch.

S3: Ja?

S2: Widerstehen Sie der Versuchung und
lassen Sie sich bitte unter keinen Umstaenden
ich wiederhole
unter KEINEN Umstaenden
dazu verleiten,
IHRE FLUEGEL ANZULEGEN!!!!
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Diese Geschichte inklusive Foto war mein Beitrag in Conny Wenks Buch Außergewöhnlich: Väterglück.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ganz ganz ganz ganz... toll!!!!

Wundervoll ist deine Geschichte, die verdient echt ein Buch!!

Huggels, Eveline

Claudia hat gesagt…

Ich musste sehr schmunzeln, als ich die Geschichte in Väterglück gelesen habe. Wirklich toll!
Viele Grüße,
Claudia

Unknown hat gesagt…

Hast Du es also auch schon, Claudia!!!
Naja, ich haette mich ja auch schon drum kuemmern koennen. Will mich doch gleich mal mit Rita in Verbindung setzen.

Danke Euch beiden fuer die Komplimente.
Die IDEE zur Geschichte zu finden hatte mich seinerzeit uebrigens 2 Wochen gekostet (Conny bat mich, ob ich nicht eine Geschichte zum Foto entwickeln koennte). Der Rest war dann vergleichsweise einfach.

rolandmex hat gesagt…

Der Einheit "Vergessene Kinder" gehören -zumindest in Mexico- noch die Adoptierten an: "Stell' Dir vor, der biologische Vater des Kindes war ein Verbrecher - dann hat das Kind bestimmt Veranlagung zum Mörder. Bloß nicht adoptieren! Wer weiß, wo die Kinder herkommen!"

jule hat gesagt…

Wunderschön. Mehr fällt mir nicht ein. Doch: Wunderschön wie einfach genial.

 
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